So werden Sie Biennale-Teilnehmer

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Zwar vom letzten Jahr, passt aber zur aktuellen Situation der Venedig Biennale 2013: „We just have to learn to survive under water“ von Thierry Geoffroy/Colonel. ©the artist.

Dass die Teilnahme an der Venedig Biennale einer Künstlerkarriere den entscheidenden Kick Richtung Weltruhm verschafft, kann jeder Künstler bestätigen, der noch nie im Rahmen der Venedig Biennale gezeigt hat. Nichtsdestotrotz gilt die Venedig Biennale als Olymp der Kunstschauen, und das zurecht, denn wenn es nicht so wäre, dann würde Thierry Geoffroy mit seinem Projekt „Biennalist“ nicht soviel Aufmerksamkeit darauf verwenden.

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„Critical Run“ während der Voreröffnung Venedig Biennale am 31.5.2011. ©Thierry Geoffroy/Colonel.

Die zwischen Albernheit, Anarchismus und Provokation oszillierende Initiative hat sich die Hinterfragung von Ausstellungsgroßprojekten, vor allem Biennalen zur Aufgabe gemacht, und dass Biennalist seit 20 Jahren bei jeder Venedig Biennale auftaucht, kann die Mutter aller Biennalen auf jeden Fall als Qualitätsmerkmal für sich verbuchen: „There is not a good biennale without Biennalist“, sagt Geoffroy, und meint damit, dass er nur dort auftaucht, wo sich ein genaueres Hinschauen auch wirklich lohnt. Dass seine humorvollen, oft naiv und manchmal peinlich wirkenden Aktionen nur von wenigen ernstgenommen werden, ist zwar einerseits schade, sichert aber andererseits seine Arbeitsweise: Biennalist ist ein Wolf im Schafspelz. Schwächen im kuratorischen Konzept, unverständliche und inhaltsleere Pressemitteilungen, politische Hintergründe, Spannungen hinter den Kulissen, Biennalist bringt es ans Licht und spricht aus, was andere nur denken. Dass man sich den zu verhandelnden Themen auch mal mit Fragen wie „Are artists used as vacuum cleaners?“ nähert, ermoeglicht es den Teilnehmern der Biennalist-Debatierrunden, selbst zu entscheiden, ob sie sich mit vollem Ernst oder ironischer Distanz beteiligen.

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Auch zum Kulturaustausch von Deutschland und Frankreich bilden sich bei Biennalist Fragezeichen. ©Thierry Geoffroy/Colonel.

Um Missverständnissen vorzubeugen: es geht bei Biennalist nicht darum, die untersuchten Ausstellungsprojekte zu sabotieren, auch wenn sich Initiator Thierry Geoffroy etwas martialisch „Colonel“ nennt. Eine ernsthafte Störung ist bei den von Biennalist entwickelten „Debattenformaten“ auch nicht wirklich zu erwarten. Beim „Critical Run“ wird zwar, da sich die Diskussionsteilnehmer beim Rennen unterhalten, unter beschleunigten Pulsverhaeltnissen debattiert, aber bevor es zum Herzinfarkt kommt, kann man sich auch der entschleunigten Variante, dem „Slow Dance“ widmen.

Wer es nicht auf die Teilnehmerliste der diesjährigen Venedig Biennale geschafft hat, findet bei Biennalist die Möglichkeit, trotzdem an der Biennale teilzunehmen, und wer in Venedig eine Gruppe von Menschen dabei beobachtet, wie sie seltsame Dinge tun, findet bei Biennalist wahrscheinlich eine Erklärung dafür. Weitere Informationen auf dieser Webseite.

„Slow Dance“ während der Voreröffnung Venedig Biennale am 2.6.2011