Der Preis ist Kreis

Matthias Planitzer, Detail aus „Untitled (Nature does not calculate)“, 2018.

Wer seiner Verantwortung dem Stellenwert von Kunst in unserer Gesellschaft gegenüber nachkommen möchte, sollte allen Kunstschaffenden grundsätzlich immer empfehlen, noch einen anderen Beruf als das Künstlersein zu erlernen. Pianistin oder Handchirurg zum Beispiel. Abgesehen davon, dass es Kunstschaffende bestimmt sehr gern hören, wenn man ihnen noch einen anderen Beruf zutraut, womöglich einen, in dem sie besser wären als im Kunstmachen, was insofern gut wäre, als sie dann keine Probleme mit Armut bekämen, worin eine rein kunstbasierte Berufslaufbahn ja zwangsläufig endet, ist das zusätzliche Erlernen von kunstfremden Berufen immer auch eine Bereicherung in Bezug auf die Substanz des künstlerischen Schaffens. Wer zum Beispiel neben oder nach oder vor der Kunst noch Medizin studiert, sieht einfach mehr. Mehr Kreise zum Beispiel.

Matthias Planitzer gehört zu denjenigen, die erstmal was anderes gemacht haben vor dem Kunststudium, in diesem Fall ein Medizinstudium. Daneben hat er noch den Kunstblog Castor & Pollux betrieben, aber der hat zwar durchaus Aufmerksamkeit erlangt, aber nicht solche Kreise gezogen wie Planitzers Kunst, und was das betrifft, könnte das Medizinstudium nicht ganz ohne Einfluss gewesen sein. Planitzers jüngste Serie von 20 Arbeiten nämlich zeigt Kreise, die sich aufs Schönste über eine Fläche verteilen und dabei nach Gesetzen einer Größe-Masse-Verhältnisbildung vorgehen, wie man sie so kennt aus der Biologie, wenn man zum Beispiel mit der Vergrößerung von Gewebe zu tun hat. „Untitled (Nature does not calculate)“, so der Titel der 20-teiligen Serie, die Natur stellt keine Rechnungen auf.

Ed. 12/20 kostet 217,12 € (inkl.). Wie viele Kreise zu einem Preis von 0,01 €/Kreis macht das?

Ja ja, die tolle Natur, die macht einfach, die fragt nicht nach dem Preis, der Mensch dafür umso mehr, und das zeigt sich nicht zuletzt in der Preiskalkulation dieser Serie, die aus 20 Unikaten besteht, nicht nur was die Motive betrifft, sondern eben auch die Preise, und hier wird es zwar sehr berechnend, aber gleichzeitig auch sehr gerecht: Der Preis eines jeden Werkes der Serie nämlich bemisst sich nach der Anzahl der darin abgebildeten Kreise. So wie in der Malerei oft die Leinwandgröße als Bemessungsgrundlage dient, so ist es hier die Dichte des Motivs. Während die Sache mit der Leinwandgröße allerdings allein schon insofern Schwachsinn ist, als die Größe nichts über die Komplexität eines Motivs aussagt, ist der vorliegende Fall ein Paradebeispiel an Preistransparenz. Niemand kann sich beschweren, zu viel bezahlt zu haben, jeder bezahlt den gleichen Preis, basierend auf einer ganz konkreten Währung: 1 Cent pro Kreis. Guten Tag, ich hätte gern 300 Gramm Rinderhack. Guten Tag, ich hätte gern achtundzwanzigtausenddreihundertundvierundachtzig Stück Kunstkreise. Ja, schon klar, das lässt sich nicht einfach so auf jedes Werk übertragen, aber auf Sammler, die sich manchmal fragen, warum sie wofür welchen Preis zahlen sollen, könnte der Erwerb eines Exemplars aus dieser Serie sehr beruhigend wirken, so beruhigend, wie den Kreisen bei der selbstorganisierten Strukturbildung zuzuschauen. In jedem Fall auch unabhängig von der klaren Preiskalkulation eine klare Kaufempfehlung.

Matthias Planitzer, „Untitled (Nature does not calculate)“, 2018
Digitaler Inkjet-Druck auf Papier, 91,4 x 59,4 cm
Serie von 20 Unikaten
Preis 0,01 € pro Kreis = 210,83 bis 311,09 € pro Werk
Übersicht über alle Arbeiten im PDF-Katalog
Zu erwerben über studio@matthiasplanitzer.de

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